Arbeitsmarktdienstleistungen im SGB III erweitern und Prozesse digitalisieren – Das Modernisierungsgesetz
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 18.06.2024 einen Referentenentwurf zur Modernisierung der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsförderung (SGB III - Modernisierungsgesetz) veröffentlicht. Wir informieren über geplante Neuerungen sowie die Reaktionen der Verbände bag arbeit, BBB, EFAS und VDP sowie BDA.
In dem Referentenentwurf aus dem Bundesministerium werden zwei für Bildungsträger wichtige Aspekte behandelt:
- Erweiterung des Spektrums an geförderten Arbeitsmarktdienstleistungen
a. Ganzheitlichere Beratung
b. Einführung bewährter Leistungen aus dem SGB II in das SGB III und Anpassungen bei bestehenden Maßnahmen - Digitalisierung der Prozesse in der Arbeitsförderung und der Arbeitslosenversicherung
1.a Ganzheitlichere Beratung
Laut dem Referentenentwurf sollen die Arbeitsagenturen Beratungsangebote in mehreren Segmenten übernehmen. Die Stellungnahmen der Verbände fordern in diesem Bereich Überarbeitung.
Die Arbeitsagenturen werden verpflichtet mit Beteiligten des örtlichen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes bei der arbeitsmarktpolitischen Förderung junger Menschen zusammenzuarbeiten, u.a. Träger der Eingliederungshilfe und Schulen (§9b). Außerdem sollen sie die Jugendberufsagenturen, in denen örtliche Beteiligte institutionell kooperieren, stärken (§10).
> Die Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V. (bag arbeit), der Bundesverband der Träger der beruflichen Bildung e. V. (BBB), der Evangelischer Fachverband für Arbeit und soziale Integration e.V. (EFAS) und der Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP) bekräftigen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme, dass eine rechtskreisübergreifende Kooperation am Übergang von der Schule in den Beruf wünschenswert sei. Sie lehnen allerdings eine koordinierende Aufgabe der Agenturen für Arbeit ab. Hierbei sei im Sinne einer effektiven Kundenförderung weiterhin auf die hohe Kompetenz der bestehenden kommunalen Strukturen zu setzen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gibt zu bedenken, dass eine stärkere Zuweisung der Verantwortung für die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit und Kooperation an die Arbeitsagenturen auch dazu führen könnte, dass sich die anderen Akteure aus der Verantwortung zurückziehen.
Arbeitsagenturen sollen nun selbst ganzheitliche Beratung und Betreuung für junge Menschen durchführen, sowohl in den eigenen Räumlichkeiten als auch aufsuchend (§28b).
> Bag arbeit, BBB, EFAS und VDP verweisen auf nötige Schulungen für Fach- und Leitungskräfte der Arbeitsagenturen, wenn diese ganzheitlicher beraten. Als grundlegendes Versäumnis sehen sie fehlende Regelungen darüber, wer die Betreuung durchführt. Denkbar wären drei Szenarien: Durch die Agentur für Arbeit selbst oder durch beauftragte Dritte entweder im Wege der öffentlichen Vergabe oder im Wege der Zulassung und Gutscheinfinanzierung.
Die Arbeitsagenturen werden dazu angehalten ein eigenes Beratungsangebot zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen und Anpassungsqualifizierungen aufzubauen (§30a). Diese Beratung wurde bisher durch Projektträger im Rahmen des Förderprogramms „IQ-Integration durch Qualifizierung“ durchgeführt. Das bereits aufgebaute Fachwissen sollen die Arbeitsagenturen von den Projektträgern einholen. (§421g)
> Mit dem IQ-Netzwerk sei bereits eine Beratungsstruktur aufgebaut worden, so bag arbeit, BBB, EFAS, VDP. Diese sollte weiterhin genutzt werden. Die BA könnte lediglich an diese verweisen, um keine Doppelstrukturen zu schaffen. Auch der BDA schlägt eine Verweisberatung vor. Diese sei deutlich einfacher umzusetzen, da die Arbeitsagenturen – anders als die bestehenden Beratungsstellen – bisher über kein Fachwissen verfügen. Außerdem ergänzen sie, dass ein solches Beratungsangebot gesetzlich verankert und aus Steuermitteln finanziert werden sollte, nicht aus der Arbeitslosenversicherung.
1.b Einführung bewährter Leistungen aus dem SGB II in das SGB III und Anpassungen bei bestehenden Maßnahmen
Die im Referentenentwurf genannten Maßnahmen werden von den Verbänden in ihren Stellungnahmen sehr begrüßt. Sie versprechen, insbesondere junge Menschen besser zu erreichen und zu fördern. Genannt werden hier insbesondere drei Neuerungen:
- Zukünftig können die Arbeitsagenturen auch junge Menschen ohne Leistungsanspruch fördern, wenn Schwierigkeiten bei Übergang ins Berufsleben bestehen (§31b).
- Die mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz neu geschaffene Nachbetreuung bei demselben Träger nach einem Wechsel aus einer außerbetrieblichen Ausbildung in eine betriebliche Ausbildung soll nicht mit Abschluss der Berufsausbildung enden, sondern in Anlehnung an die Regelung bei Assistierter Ausbildung bis zu zwölf Monate fortgesetzt werden können (§76).
- Der nachträgliche Erwerb eines Hauptschulabschlusses und der Erwerb von Grundkompetenzen für Geringqualifizierte wird „isoliert“ förderfähig (§ 81).
2. Digitalisierung der Prozesse in der Arbeitsförderung und der Arbeitslosenversicherung
Die Arbeitsagenturen sollen für die Aufgaben und Zwecke der Arbeitsförderung aktuelle Informationstechnik nutzen. Sie werden dazu angehalten Verwaltungsabläufe nutzer*innenfreundlich zu digitalisieren und automatisieren (§11), was die BDA begrüßt. Sie verweist aber darauf, dass die Ausgestaltung der IT-Strategie nicht Aufgabe des Gesetzgebers ist. Die Bildungsträger gehen in ihrer Stellungnahme nicht auf diesen Punkt ein.
Lesen Sie hier die Stellungnahmen nach: