Nach Kompromiss: Bürgergeldgesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft

Zunächst wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom September 2022 im Bundesrat blockiert; Union und Ampel haben sich daraufhin im Vermittlungsausschuss geeinigt. Der Kompromiss wurde am 25.11. von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft.

Hiermit werden mehrere wichtige Vorhaben des Koalitionsvertrages umgesetzt: Das Gesetz beinhaltet nicht nur die künftige finanzielle Unterstützung von Leistungsberechtigten, sondern auch deren Förderung durch vielfältige Bildungsangebote.

Änderungen im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzesentwurf betreffen insbesondere die Sanktionsmöglichkeiten, das Schonvermögen und die Karenzzeit. Auf Betreiben der Union wurde die von der Koalition vorgesehene sanktionsfreie Vertrauenszeit von einem halben Jahr gestrichen. Das Schonvermögen für die erste Person einer Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeldbezug wurde von 60.000 auf 40.000 Euro reduziert, für jede weitere Person von 30.000 auf 15.000 Euro. Die für das Schonvermögen geltende Karenzzeit wird von zunächst geplanten zwei Jahren auf ein Jahr reduziert. Nach dieser Karenzzeit greift ein Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro für jede Person einer Bedarfsgemeinschaft.

Der Vermittlungsvorrang wird abgeschafft. Bisher hatte die Vermittlung in Arbeit in der Regel Vorrang vor dem Abschluss einer Aus- oder Weiterbildung. Künftig soll es Menschen ermöglicht werden, sich stärker auf ihre Qualifizierung zu konzentrieren, damit sie dauerhaft in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Dahinter steckt die Annahme, dass Menschen mit einem Ausbildungs- oder Weiterbildungsabschluss nachhaltig in Arbeit vermittelt und dadurch lediglich kurzfristige Beschäftigungen vermieden werden können. Zudem soll auf diesem Wege dem grassierenden Fachkräftemangel begegnet werden.

Die wesentlichen Reformen im Bereich der Bildungsförderung für Menschen im Bürgergeldbezug sind dementsprechend auch weiterhin im Gesetz enthalten, sollen jedoch teilweise erst zum 1. Juli 2023 in die Umsetzung gehen. Ab diesem Zeitpunkt ersetzt ein „Kooperationsplan“ schrittweise bis Ende 2023 die Eingliederungsvereinbarung.

Folgende konkrete Maßnahmen sollen u.a. umgesetzt werden:

Ganzheitliche Betreuung (Coaching)

Durch das Coaching insbesondere von „marktfernen“ Bürgergeld-Beziehenden soll deren Beschäftigungsfähigkeit aufgebaut und sie in der Folge auch persönlich stabilisiert werden. Ein solches Coaching kann auch aufsuchend, ausbildungs- oder beschäftigungsbegleitend erfolgen. Außerdem können die Kosten einer sozialpädagogischen Begleitung während einer Weiterbildung als integrierter Bestandteil einer Maßnahme übernommen werden.

Verzicht auf das Verkürzungserfordernis bei Umschulungen in besonderen Fällen

Bisher sind Umschulungen nur förderfähig, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt werden können, im Regelfall also auf eine Dauer von zwei statt drei Jahren. Diese Regelung soll nun gelockert werden, sodass Umschulungen auch in folgenden Fällen gefördert werden können:

  • in begründeten Einzelfällen (z. B. persönliche Eignung) auch in nicht verkürzter Form
  • bei Ausbildungsberufen, die sich aus bundes- oder landesrechtlichen Gründen nicht verkürzen lassen

Weiterbildungsgeld, Prämienregelung und Bürgergeldbonus

Alle drei Instrumente sollen Anreize insbesondere für Geringqualifizierte schaffen, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen und diese erfolgreich abzuschließen. Je nach Art der Maßnahme wird künftig monatlich ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro für Teilnehmende oder ein Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro ausgezahlt. Zudem erfolgt eine Entfristung der Prämienregelungen für den erfolgreichen Abschluss der Zwischen- und Abschlussprüfung von 1.000 bzw. 1.500 Euro.

Entfristung der Maßnahmen des Teilhabechancengesetzes

Der Soziale Arbeitsmarkt wird entfristet und dauerhaft verankert. Ziel ist es, besonders arbeitsmarktfernen Menschen soziale Teilhabe durch längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen und mehr Übergänge in eine ungeförderte Beschäftigung zu erreichen.

Förderung des Erwerbs von Grundkompetenzen

Die Förderung von Grundkompetenzen (z.B. Alphabetisierung, Deutschkenntnisse) kann auch losgelöst von berufsabschlussbezogenen Weiterbildungsmaßnahmen erfolgen, beispielsweise durch die Teilnahme an einem Integrationskurs oder an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung

Eine Übersicht der Bürgergeld-Regelungen nach Inkrafttreten finden Sie hier, eine umfassende Materialsammlung zum Diskurs um die Ausgestaltung  des Bürgergelds hier.

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