Zukunftsfähig bleiben! Handlungsempfehlungen für eine bessere Berufsbildung aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung

Die interdisziplinär ausgerichtete Arbeitsgruppe 9+1, eingesetzt vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), verfolgt das Ziel, grundlegende Vorschläge für eine zukunftsgerichtete berufliche Bildung zu erarbeiten. Aus neun wissenschaftsbasierten Thesen zu unterschiedlichen Phasen und Bereichen der Berufsbildung haben sie jüngst Handlungsempfehlungen an die Bildungspolitik abgeleitet. Diese werden teilweise für mehrere Bildungsbereiche gegeben und werden daher hier zusammengefasst vorgestellt.

Die Arbeitsgruppe spricht sich dafür aus, die Kompetenzentwicklung jedes Einzelnen individuell zu fördern, indem die Aus- und Weiterbildung als nachfrageorientierter Dienstleistungsmarkt ausgebaut wird. Dafür müssten Weiterbildungsangebote den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe angepasst werden. Das Übergangssystem zwischen Schule und beruflicher Ausbildung soll dabei als erster wesentlicher Baustein in der Kette von Aus- und Weiterbildung als Chancenverbesserungssystem umgebaut werden, um auch die Reputation dieser Maßnahmen in der Öffentlichkeit zu verbessern.

Im Weiterbildungssystem ist eine stärkere Übersichtlichkeit der Angebote nötig. Allein im Übergangssystem finden sich mehr als 460 Maßnahmen und Angebote. Deshalb schlägt die Gruppe vor, durchgängige Berufslaufbahnkonzepte für alle Bereiche mit systematischen Regelungen für die Aus- und Weiterbildung deutschlandweit einzuführen. Außerdem sollten individuelle Beratung und Begleitung den Teilnehmenden bei der Angebotsauswahl helfen. Eine digitale Plattform mit einer deutschlandweiten Angebotsübersicht könnte zusätzlich unterstützen.

Um bestimmte Berufe attraktiver zu machen und bestimmte Zielgruppen (z.B. Hochschulabbrecher*innen oder Studierende mit beruflicher Ausbildung) besser anzusprechen, sei mehr Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung erforderlich. Dafür sollten berufliche und hochschulische Bildung mehr gemeinsame Angebote entwickeln und beispielsweise Vorleistungen aus dem jeweils anderen Bereich anerkennen. Hierfür müsste eine vergleichbare Struktur von Ausbildung und Studium geschaffen werden. Außerdem müssten (finanzielle) Unterstützungsangebote mehr auch auf die Übergänge der beiden Bildungsbereiche ausgerichtet werden.

Außerdem spricht sich die Arbeitsgruppe dafür aus, Weiterbildungsmaßnahmen durch eine Modularisierung der Angebote attraktiver zu gestalten. Dadurch könnten über längere Zeiträume hinweg mehrere Module abgeschlossen werden, statt einer langen Fortbildung am Stück. Dies wäre der Lebensrealität der Menschen angepasster. Außerdem sollten auch non-formale Bildungsangebote anerkannt werden.

Die Digitale Transformation muss sich auch in der Angebotsvielfalt widerspiegeln. Digitale und hybride Formate sollten verstärkt angeboten und genutzt werden. Gleichzeitig werde eine zusätzliche Förderung zur Heranführung bestimmter Zielgruppen an digitale Medien sowie zur medienpädagogischen Qualifizierung des Weiterbildungspersonals benötigt.

Durch den Ausbau regionaler Netzwerkstrukturen sollten die Programme zudem besser aufeinander abgestimmt werden. In den Netzwerken sollten sowohl berufsbildende Schulen, freie Träger beruflicher Bildung als auch Unternehmen aus der Berufspraxis sowie Hochschulen vertreten sein. Außerdem würde die Akzeptanz von Bildungsmaßnahmen durch die Zusammenarbeit von Bildungsträgern und Betrieben (Dualisierung) weiter gestärkt.

Abschließend plädiert die Arbeitsgruppe dafür die Handlungsempfehlungen auch auf die Weiterbildung von Bildungspersonal anzuwenden. Die Qualifizierung zur/m staatlich anerkannten Aus- und Weiterbildungspädagoge/in sei beispielsweise zu umfangreich und werde deshalb wenig nachgefragt. Immer mehr formale Anforderungen an das Bildungspersonal führten zu Überlastungen und damit zum Fachkräftemangel in der Weiterbildung. Wichtige Inhalte für die Qualifizierung von Bildungspersonal wären beispielsweise der Umgang mit Heterogenität, Diversität und Inklusion sowie die Nutzung digitaler Medien.

Die Wissenschaftler*innen der Arbeitsgruppe bereichern mit ihren Thesen nicht nur den wissenschaftlichen Diskurs, sondern fordern mit ihren konkreten Handlungsempfehlungen die Bildungspolitik direkt zur Umsetzung auf.

Das gesamte Dokument der Arbeitsgruppe lässt sich hier einsehen.

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