Forderungen des DGB-Kongress zur Stärkung der Weiterbildung
Die Delegierten des 22. Ordentlichen DGB-Bundeskongresses haben Yasmin Fahimi zur neuen DGB-Vorsitzenden gewählt. Unter ihrem Vorsitz wurde eine Liste mit Vorschlägen zur künftigen Gestaltung der Bildungslandschaft in Deutschland verabschiedet.
In dem Papier „Bildung neu gestalten – Forderungen für eine Bildungsoffensive“ werden u.a. „Forderungen für eine Weiterbildung mit System“ erhoben. Dieses wurde als Antwort auf die im Koalitionsvertrag benannten bildungspolitischen Vorhaben verfasst. „Das Potenzial für einen Bildungsaufbruch ist vorhanden, muss aber auch in den Details mit Leben gefüllt werden“, so der DGB. Dabei stützt der Gewerkschaftsbund sich auf sein eigenes Papier zur Nationalen Weiterbildungsstrategie vom 31.03.2022 (Mario Patuzzi und Jan Krüger).
Warum sind Veränderungen in der Weiterbildung wichtig?
Betriebliche Qualifizierung sowie berufliche und allgemeine Weiterbildung sind wichtige Voraussetzungen zur Bewältigung des Strukturwandels und zur Transformation der Arbeitswelt. Seit Jahren wird die Notwendigkeit lebensbegleitenden Lernens betont, aber bis heute gibt es wenig Bewegung im Bereich der Inanspruchnahme von Weiterbildungsangeboten. Der Länderbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur beruflichen Weiterbildung bestätigt, dass Deutschland sich vor allem zu wenig um die Bedürfnisse von Geringqualifizierten kümmert. In den Transformationsprozessen kommt es insbesondere darauf an, die Kompetenzen aller Beschäftigten als zentrale Ressource für die Bewältigung der Herausforderungen durch den digitalen Wandel und die notwendige Klimaschutzpolitik anzuerkennen und einzubringen.
Was fordern der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften?
Im Zentrum des Papiers steht die Forderung eines Rechtsanspruchs auf Weiterbildung. Mit dem Recht auf Weiterbildung solle garantiert werden, „dass eine Weiterbildung unabhängig von der Zustimmung von Arbeitgeber*innen oder staatlichen Institutionen in Angriff genommen werden kann“. Dieses Recht wird in den im Folgenden genannten Forderungen und Maßnahmen konkretisiert.
Die zweite Forderung betrifft die Verbesserungen von Regelungen zur Finanzierung von und Zeit für Weiterbildung. Arbeitnehmer*innen sollte ein Recht auf Weiterbildungsfreistellung mit Entgeltfortzahlung gewährt werden.
Folgende Fördermaßnahmen werden zur Finanzierung von Weiterbildung vorgeschlagen:
- sozial abgesicherte Arbeitszeitreduzierungen für Bildungszeiten im Rahmen der im Koalitionsvertrag angekündigten Bildungs(teil)zeit
- Erweiterung der Fördermöglichkeiten durch das Aufstiegs-BAföG, z.B. Förderung des Unterhalts bei Teilzeitmaßnahmen sowie Erhöhung der Fördersätze und Freibeträge
- Transformationskurzarbeitsgeld für Beschäftigte
- Förderung der Qualifizierung in Transfergesellschafen
- Qualifizierungsförderung für Arbeitslose nach SGB III und SGB II für eine ausreichende Sicherung des Lebensunterhaltes während einer Aus- oder Weiterbildung
- Zusammenführung aller beruflicher Aus- und Weiterbildungen in ein Bildungsförderungsgesetz unter Beteiligung der Sozialpartner und weiterer relevanter Stakeholder*innen, um Finanzierungslücken zu schließen
Drittens fordern der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften eine verbesserte Anerkennung von Berufserfahrung sowie den dabei erworbenen non-formalen und informellen Kompetenzen. Hierfür sei eine gesetzliche Grundlage nötig. Außerdem sollten Anerkennungsverfahren für ausländische Qualifikationen bundesweit einheitlicher und transparenter gestaltet werden.
Die vierte Forderung zielt auf eine bundeseinheitliche Systematik in der Weiterbildung. Das aktuelle System ist sehr komplex, branchenspezifisch und regional unterschiedlich. Aufbauend auf einer individuellen Beratung (siehe z.B. Berufsberatung im Erwerbsleben – BBiE) und der Möglichkeit eines Validierungsverfahrens sollte ein einheitlicher Weg zu aufbauenden Qualifizierungsangeboten geebnet werden. Dafür sollten auch Weiterbildungsnetzwerke und -cluster unter Beteiligung der Sozialpartner sowie der örtlichen Arbeitsagenturen und Jobcenter aufgebaut und gefördert werden, um die Angebote und Beratungsstrukturen regional abzusichern und nachhaltige Weiterbildungsstrukturen aufzubauen.
Fünftens soll in der öffentlich geförderten Weiterbildung mehr auf die Qualität der Angebote als auf den Preis geachtet werden. Dazu gehört auch, dass Beschäftigte in der Weiterbildung entsprechend bezahlt werden, um eine weitgehende Fachkräfteflucht zu vermeiden. Insbesondere für digitale Weiterbildungsangebote müssen Qualitätsstandards erst noch entwickelt werden.
Betriebe sollten sechstens darin bestärkt werden, ihre Mitarbeitenden fortzubilden. Dazu sollten branchenbezogene Weiterbildungsfonds eingerichtet und betriebliche Weiterbildungsmentor*innen ausgebildet werden (siehe dazu auch unseren Artikel: „mendi.net"-Weiterbildungsprojekt mit neuer Homepage).
In einem abschließenden siebten Punkt fordern der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften einen Ausbau der politischen Bildung auch in (beruflichen) Weiterbildungsmaßnahmen, um die Bedeutung demokratischer Prozesse und Institutionen zu stärken.
Mit dem Papier appelliert der DGB an die politischen Entscheidungsträger, die im Koalitionsvertrag angekündigten Veränderungen im Bereich der Weiterbildung zeitnah umzusetzen.
Das gesamte Papier des DGB-Kongresses kann hier eingesehen werden.